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Das Nierenzellkarzinom ist mittlerweile deutlich besser behandelbar als noch vor wenigen Jahren. Möglich machen das verfeinerte Operationstechniken und neue medikamentöse Therapien, erklärt der Urologe Dr. Kilian Gust.

Dr. med. Kilian M. Gust, FEBU

Facharzt für Urologie an der Medizinischen Universität Wien
Foto: ZVG

Was versteht man eigentlich unter Nierenkrebs und wer ist vor allem davon betroffen?

An der Niere können unterschiedliche Tumore auftreten. Karzinome des Urothel (Deckgewebe der Harnwege) machen in etwa 10 % aus. Die verbleibenden Fälle entfallen fast ausschließlich auf das Nierenzellkarzinom. Dabei sind Männer doppelt so oft betroffen wie Frauen; am häufigsten tritt es im Alter zwischen 50 und 70 Jahren auf. Insgesamt erleben wir in Österreich in den letzten Jahren eine leicht ansteigende Nierenkrebsrate; 2018 wurde bei 1.370 Personen ein Tumor in der Niere diagnostiziert.

Gibt es Risikofaktoren und welche Rolle spielen Lebensstil und Veranlagung?

Allgemein begünstigen Übergewicht, Bluthochdruck und ein damit verbundener Lebensstil das Auftreten der Erkrankung. Neben dem Rauchen gelten auch die längerfristige Einnahme bestimmter Schmerzmittel sowie das Vorliegen einer eingeschränkten Nierenfunktion als Risikofaktoren. In seltenen Fällen können ebenso genetische Faktoren das Erkrankungsrisiko erhöhen. Treten in einer Familie gehäuft Nierenzellkarzinome auf, empfiehlt es sich somit abklären zu lassen, ob eine genetische Veranlagung vorhanden ist, die weitervererbt wurde oder werden kann.

Bei welchen Symptomen sollte man ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen?

Die Symptome eines Nierenkarzinoms sind im Normalfall eher unspezifisch. Blut im Harn ist immer etwas, das man auf jeden Fall abklären lassen sollte, auch wenn in den seltensten Fällen ein Nierenkarzinom dafür verantwortlich ist. Meist steckt eine gutartige Erkrankung dahinter – etwa eine vergrößerte Prostata bei Männern oder eine Blasenentzündung bei Frauen. Spezifischere Symptome treten erst im späteren Stadium auf – wie etwa Blutarmut, Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Schmerzen an der Flanke sowie nächtliches Schwitzen und Fieberschübe.

Wie erfolgt die Diagnose im Normalfall?

Beim Nierenzellkarzinom gibt es keine gezielte Vorsorgeuntersuchung. Bei einem Großteil der Patienten wird das Karzinom durch Zufall im Rahmen einer Untersuchung entdeckt, beispielsweise bei der Ultraschalluntersuchung im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung. Dass ein Tumor über eine Tastuntersuchung an der Flanke entdeckt wird, kommt im Grunde nicht mehr vor. Zur Absicherung der Diagnose werden bildgebende Verfahren wie Computer- und Magnetresonanztomographie (CT und MRT) eingesetzt. Anders als bei anderen Krebserkrankungen gibt es keine spezifischen Tumormarker im Harn oder Blut, die man bestimmen könnte. Im Normalfall reichen die bildgebenden Verfahren jedoch aus, um die Diagnose abzusichern. Durch das Verhalten des Kontrastmittels auf den Bildern lässt sich im Regelfall bereits vor der operativen Entfernung bestimmen, ob es sich um einen Tumor oder etwas anderes, wie eine gutartige Zyste, handelt. Eine Biopsie wird nur in seltenen Fällen durchgeführt. Etwa dann, wenn man Patienten aufgrund des hohen Alters nicht direkt operieren will.

Wie erfolgt die Behandlung?

Noch vor 10–15 Jahren wurde die betroffene Niere häufig komplett entfernt. Mittlerweile wissen wir aber, dass die dadurch geminderte Nierenfunktion sich deutlich negativer auf das Überleben auswirkt, als das Belassen der Niere mit dem Risiko eines Wiederauftretens des Tumors. Gleichzeitig haben sich die minimal-invasiven Operationstechniken deutlich weiterentwickelt. Bei einem lokalisierten Tumor wird deshalb nur mehr das betroffene Gewebe – nicht aber die gesamte Niere entfernt. Erst, wenn der Tumor erneut auftreten sollte, ist es in den meisten Fällen nicht mehr möglich, die Niere weiter zu erhalten. Beim erstmaligen Auftreten eines Tumors sind die Patienten mit der chirurgischen Entfernung im Wesentlichen geheilt und können ins Nachsorgeschema wechseln. Ist der Tumor bereits fortgeschritten und metastasiert, erfordert das eine medikamentöse Therapie. Auch hier wurden durch neuartige medikamentöse Kombi-Therapien in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt, sodass auch Patienten in diesem Stadium lange Zeit überleben können. 

Wie verläuft die Nachsorge?

Bei fortgeschrittenen Tumoren ist das Risiko, dass der Tumor wiederkommt, höher. Das bedeutet, die Nachsorgeintervalle richten sich nach dem Stadium des Tumors zum Zeitpunkt der Entfernung. Die Nachsorge besteht aus regelmäßigen Kontrollen der Blutwerte, um die Funktion der Niere zu überwachen. Die Ultraschall- und Schnittbildgebung dienen der Feststellung eines möglichen Wiederauftretens des Tumors. Bei etwa 20 bis 30 % aller Patienten, die kurativ operiert wurden, kommt es zur erneuten lokalisierten Tumorbildung oder zu Metastasen an anderen Organen. Die Patienten selbst können relativ wenig machen, außer auf eine gesunde Lebensweise achten. Bei Patienten, bei denen eine Niere entnommen wurde, ist es besonders wichtig, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren, um die verbliebene Niere zu schützen.

Wie kann man Menschen die Angst vor der Erkrankung nehmen?

Gerade im Frühstadium ist das Nierenzellkarzinom sehr gut behandelbar. Darum sollte man die allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen. Wird ein Tumor diagnostiziert, besteht bei den meisten Patienten die Möglichkeit, diesen lokal chirurgisch zu entfernen. Auch bei Patienten, bei denen das Karzinom bereits metastasiert ist, hat die Weiterentwicklung der medikamentösen Therapien dazu geführt, dass auch hier gute Behandlungserfolge erzielt werden können. 

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