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Walter Brenner ist Teil der Leukämiehilfe Österreich „Geben für Leben“, von Salzburg ostwärts, und Ansprechpartner im Rahmen einer Selbsthilfegruppe. Und er ist auch selbst betroffen von Leukämie.

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Walter Brenner

Geben für Leben – Leukämiehilfe Österreich

In welcher Verfassung waren Sie, als Sie mit Leukämie konfrontiert wurden?

Ich war beruflich vollkommen überfordert, heute würde man sagen: komplettes Burnout. Ich habe die Signale meines Körpers überhört, nicht erkannt, wie überarbeitet ich war. Ich war unkonzentriert und unruhig, konnte nicht mehr schlafen. Bis meine Frau mir dann den Gang zum Arzt empfahl. Das Blutbild bei der Gesundenuntersuchung war erschreckend, mein Hausarzt wiederholte sogar den Test: statt der üblichen 10.000 Leukozythen waren es bei mir schon über 60.000. In einer Spezialklinik erfuhr ich dann nach weiteren Untersuchungen am 13. März 2002 die Diagnose: CML mit Philadelphiachromosom. Da war ich 43 Jahre alt.

Mit welcher Prognose?

Der Onkologe prognostizierte mir eine Lebenserwartung von 5 Jahren: 3 Jahre in der chronischen Phase, 1 bis 1,5 Jahre akute Phase, anschließend die Blastenkrise und dann das Aus. Das war 2002 der Stand der Medizin.

Was war die empfohlene Therapie?

Es war damals gerade ein neues Medikament in Österreich zugelassen worden, mit dem ich therapiert werden sollte. Es war spezifisch auf die CML zugeschnitten, aber teilweise mit unerträglichen Nebenwirkungen. Gleichzeitig sollte die Suche nach einem Stammzellenspender beginnen. Das war damals die einzige Chance, die Krankheit zu heilen und zu überleben.

Wie haben Sie entschieden?

Zum Glück habe ich drei Brüder. Und da die Wahrscheinlichkeit geeigneter Stammzellen unter Geschwistern bei fast 75 Prozent liegt, hatte ich Hoffnung. Leider passten die drei Brüder zwar zusammen, aber nicht zu mir. Die weitere Suche in der internationalen Spenderdatenbank blieb die ersten sieben Jahre erfolglos. Dann fand sich eine Spenderin aus den USA, die zu 100 Prozent passen würde.

Da waren Sie ja schon längst über Ihre prognostizierte Lebenserwartung hinaus! Was ist passiert?

Naja, die Diagnose war ein Schock, für die Familie noch mehr als für mich, denn ich hab mir gedacht: Nein, das kann’s noch nicht gewesen sein! Wir bauten gerade Haus, der Sohn war erst sechs Jahre alt … Ich sah in einer Stammzellentransplantation meine einzige Chance und war sehr enttäuscht, dass sich nichts finden ließ. Also probierte ich das neue Medikament. Damals wurde das von der Krankenkassa noch nicht einmal ohne Umstände übernommen: Ich musste nach St. Pölten zur Bewilligung fahren, denn es war privat für mich unleistbar.

Was haben Sie noch unternommen?

Zu Beginn hab ich natürlich Physiotherapie gemacht, mich vor allem aber mit meiner Krankheit auseinandergesetzt und Visualisierungsübungen begonnen. Der amerikanische Arzt O. Carl Simonton hat herausgefunden, dass PatientInnen mit Zielen ihre Krankheit besser meistern, und daraus Visualisierungsübungen entwickelt. Über Jahre hinweg hab ich diese fast täglich allein praktiziert, einen sympathischen Psychologen konnte ich leider nicht finden. Ich habe es vermieden, mich zu fragen: Warum? Weshalb gerade ich? Und einfach gekämpft.

Was beeinflusst Sie am meisten?

Meine Leistungsfähigkeit hat natürlich schon nachgelassen. Ich werde schneller müde, kann mich nicht mehr so gut konzentrieren. Die Knochenschmerzen sind auch noch vorhanden, aber nicht mehr in der Intensität. In der Nacht sind die Schmerzen oft am größten und handwerkliche Tätigkeiten fallen mir schwer: Sobald ich mich anstrenge, einen Akkuschrauber beispielsweise halten will, verkrampfen sich die Finger. Mit Kraft kann ich nicht mehr arbeiten, bekomme oft Muskelkrämpfe.

Was haben Sie in Ihrem Leben verändert?

Vorher war alles andere wichtiger als ich und das musste ich ändern. Ich hab meinen Job kurze Zeit darauf innerhalb der Firma gewechselt und versucht, einen gesunden Egoismus zu entwickeln. Ich musste lernen, dass es als erstes um mich geht. Und wenn es mir gut geht, kann ich auch für meine Familie da sein oder gut im Beruf sein. Wenn es mir heute zuviel wird, nehme ich einen Tag Urlaub und gehe zum Beispiel in die Berge wandern. Natürlich hab ich zusammen mit meiner Frau auch die Ernährung umgestellt auf weniger Fleisch und mehr Gemüse. Für die Partnerin ist es schwer: Sie weiß, dass sie einen todkranken Partner hat und kann nichts dagegen unternehmen.

INFO

Ein Therapiewechsel wird durch den Arzt geprüft, wenn Nebenwirkungen aus unterschiedlicher Hinsicht nicht tolerierbar sind. Man orientiert sich dabei meist an der Verbesserung der Lebensqualität, aber auch an der Verhinderung von Nebenwirkungen, welche durch eine Therapie ausgelöst werden können. Studienzeigen, dass durch den Therapiewechsel einerseits die Belastung durch Symptome verringert werden kann, andererseits aber die Wirksamkeit der Behandlung aufrechterhalten bleibt.

Weitere Informationen zur Stammzellspende unter www.gebenfuerleben.at

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