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Dermatologie

Die Haut – leblose Oberfläche oder interaktives Organ?

Foto: Romina Farías via Unsplah

Univ. Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer

Dermatologen

Für den einen muss die Haut glatt, fleckenlos, ebenmäßig gebräunt und faltenfrei sein, der andere kämpft mit Trockenheit, Rötung, Schuppung, Juckreiz, Ekzemen oder Tumoren – die Ansprüche und Bedürfnisse, die wir an dieses Organ an der Oberfläche unseres Körpers stellen, sind recht unterschiedlich. Dabei hat die Haut von Natur aus vorgegebene und durch veränderte Umwelteinflüsse bedingte Aufgaben, die sie als Barriere normalerweise bravourös meistert. 

Wir verstehen noch nicht alle Vorgänge im Detail. Immerhin wurde die Haut wurde „erst“ vor ungefähr 250 Jahren als eigenes Organ erkannt. Aber in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten hat es einige bahnbrechende Erkenntnisse gegeben, so zum Beispiel auf dem Gebiet der Mikrobiomforschung. Das Mikrobiom – oder besser die Mikrobiota – auf unserer Hautoberfläche sind verschiedene apathogene Keime, die in einem bestimmten Verhältnis zueinander vorhanden sind. Ist dieses Verhältnis gestört, z. B. bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Ichthyosen, verschiedenen Ekzemen, bei Akne und Rosacea aber auch durch übertriebene Hygiene, kommt es zur Überwucherung (Vermehrung) von krankheitserregenden Bakterien.  Die Mechanismen, die zur Entstehung der jeweiligen Hautkrankheit führen, sind unterschiedlich. So fehlen beispielsweise bei der Neurodermitis und bei bestimmten Ichthyosen („Fischschuppenkrankheit“ mit extrem trockener Haut) feuchtigkeitsbindende und die Haut weich und geschmeidig machende Proteine und Fette ganz oder zumindest teilweise. Als Folge davon wird das Hautmikrobiom in seinem Gleichgewicht gestört und krankheitserregende Bakterien wie Staphylokkus aureus überwuchern. Die unausweichliche Folge ist eine Entzündung der Haut, die fast immer von massivem Juckreiz begleitet wird. Nur eine individuelle und konsequente medizinische Hautpflege kann Defekte in der Hautbarriere ausgleichen und damit auch das Gleichgewicht im Mikrobiom erhalten. 

Das Hautmikrobiom wird in seiner Funktion von antimikrobiellen Peptiden, sogenannten Defensinen, unterstützt, die ebenfalls in der Haut produziert werden. Bei Akne und vor allem Rosacea kommt es zu einem Ungleichgewicht durch übermäßige Produktion bestimmter Defensine. Nicht nur krankheitserregende Pilze und Milben können sich dann vermehren, es wird auch die natürliche Immunabwehr an der Hautoberfläche – unnotwendigerweise – aktiviert. Von der nachfolgenden Entzündung ist bei der Rosacea übrigens nicht nur die Haut im Gesicht betroffen, sondern auch die Augen, was eine medizinische Behandlung unbedingt erforderlich macht. 

Man könnte an dieser Stelle noch viele weitere Beispiele unter den schätzungsweise 2000 – 3000 Hautkrankheiten nennen. Außer Frage steht jedenfalls, dass das Wohlbefinden und damit die Lebensqualität jedes Menschen ganz wesentlich von Aussehen und Funktion des Hautorgans bestimmt wird. Nicht nur die Schutzfunktion, auch die Verbindung zur Außenwelt und damit zu den Mitmenschen wird durch das Aussehen unserer Haut bestimmt. Ist dieses Aussehen beeinträchtigt, kann zu weitreichenden Konsequenzen für unser Gefühlsleben bis hin zu psychischen Störungen kommen. 

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