Wer in kranker Haut steckt, hat oft mit Juckreiz, Schuppungen, Wundstellen und Schmerzen zu tun, die einem das Leben schwer machen. Erst recht das Liebesleben. Darüber, dass kranke Haut genauso liebenswert ist wie gesunde, spricht Karin Hafner, selbst Neurodermitis-Patientin und Gründerin von Hautinfo.at im Interview.
Karin Hafner
Neurodermitis-Patientin und Gründern des Portals Hautinfo.at
Karin Hafner, Liebe geht nicht nur durch den Magen, sondern auch unter die Haut – welche Rolle spielt unsere Haut bei Intimität und Sexualität?
Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan,
das es uns dank seiner unzähligen Sinneszellen (sogenannten Rezeptoren)
erst möglich macht, das Gefühl Liebe buchstäblich mit Haut und Haar zu
spüren. In der Liebe ist unsere Haut Empfänger und Absender für
Liebesbotschaften, die ausgetauscht werden: Berührungen, die ihrerseits
für berauschende Gefühle sorgen und damit sowohl unmittelbar als auch
nachhaltig wirkend Einfluss auf Körper und Seele nehmen.
Macht die Liebe einen Unterschied zwischen gesunder und kranker Haut?
Ist die Haut gesund, fühlen wir uns darin wohl, attraktiv und selbstsicher. Das gesunde Hautbild passt in die gesellschaftliche Norm. Von Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Schuppenflechte (Psoriasis), Akne inversa und Nesselsucht (Urtikaria) betroffene Haut dagegen juckt, schuppt, schmerzt und zeigt sichtbare Hautschäden – häufig auch in der Intimzone. Das kranke Hautbild weicht von der Norm ab. Betroffenen erwächst daraus körperliches wie seelisches Leid. Kranke Haut stört die Fähigkeit, sich wertzuschätzen und zu lieben. Sie nimmt Betroffenen damit eine wichtige Voraussetzung, um anderen selbstsicher zu begegnen, sie zu lieben und sich von ihnen lieben zu lassen. Insofern erschweren Hautkrankheiten die Liebe.
Wird kranke Haut so zu einer Liebesbremse?
Schlimmstenfalls ja. Schon die erste Liebe bremsen junge Frauen und Männer mit Hauterkrankungen oft aus, weil sie Zurückweisung fürchten. In laufenden Beziehungen ist die Hautkrankheit stets im Bunde: Betroffene zeigen sich dem Partner nicht oder nur ungern nackt, meiden Hautkontakt und berauben sich und ihren Partner somit des Glücks und der Erfüllung, die Intimität und Sexualität mit sich bringen.
Zu einer Liebesbeziehung gehören immer Zwei – sind die Zweifel seitens der Betroffenen am hautkranken Selbst, die Scheu vor Nähe und die Angst vor Zurückweisung begründet?
Niemand wird „nur“ wegen seiner Haut geliebt oder gehasst. Aus eigener und der Erfahrung Betroffener, die sich auf dem Portal hautinfo.at austauschen oder unsere Info-Veranstaltungen mit HautexpertInnen besuchen, weiß ich, dass die kranke Haut die Partner oft weniger stört, als die Erkrankten es ihnen unterstellen.
Deshalb mein dringender Rat: Reden Sie miteinander! Klären Sie Ihren Partner über Ihre Hautkrankheit auf und auch darüber, was diese mit Ihrem Körper und Ihrer Seele macht. Räumen Sie Missverständnisse und Vorurteile aus und füllen Sie Wissenslücken. Erklären Sie, dass Neurodermitis & Co. nicht ansteckend und schon gar nicht die Folge mangelnder Körperhygiene sind. Sprechen Sie offen über Ihre Wünsche und zeigen Sie Ihrem Partner, wie und wo Ihnen seine Berührung guttut – und haben Sie keine Angst, auch zu sagen, was Ihnen nicht gefällt!
Wie schafft man es denn, zu seiner Hautkrankheit zu stehen, damit zu lieben und sich damit lieben zu lassen?
Das braucht Zeit und Mut, keine Frage. Doch wer nackt vor dem Spiegel steht, sollte nicht schon an den erkrankten Hautpartien aufhören, sich zu betrachten. Schauen Sie genauer hin, besinnen Sie sich auf das, was in Ihrer Haut steckt. Fangen Sie an, sich für das Mehr in Ihrer Haut zu lieben, hören Sie auf, sich wegen der kranken Haut zu hassen. Die Last, die Hauterkrankung zu ertragen, wird leichter, wenn Sie sie als Teil Ihrer selbst akzeptieren. Diese vor allem seelische Entlastung bedeutet zugleich eine körperliche Entspannung. Und da kranke Haut besonders stressempfindlich ist, wirkt sich ein entspannter(er) Umgang mit sich selbst und mit dem Partner auch positiv auf die kranke Haut aus. Ich habe es selbst erfahren: Gesunde Liebesbeziehungen sind ein Heilmittel für Körper und Seele.
Heilen ist das nächste Stichwort: Viele Hauterkrankungen gelten noch als nicht heilbar. Muss man lernen, damit zu leben und zu lieben?
Wenn auch keine Heilung, so gibt es heute schon recht wirksame Hilfe, die leidbringende Symptome so mancher Hauterkrankungen spürbar lindert. Deshalb ist es ratsam, Hautexperten aufzusuchen, um sich gezielt helfen zu lassen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Schatz an Erfahrungen, den andere Betroffene mit der Krankheit und ihrer Behandlung gemacht haben. Und glauben Sie mir, ein Austausch darüber, zum Beispiel in unserem Forum, vermittelt nicht nur Erfahrungen – man kommt sich mitunter auch menschlich näher!
Welche Tipps haben Sie für Hautkranke, denen ein hautnahes Date bevorsteht?
Nehmen Sie sich reichlich Zeit für die Vorbereitung Ihres Dates! Versuchen Sie, sich davor bewusst zu entspannen und Stress außen vor zu lassen. Ein warmes Bad tut Seele und Haut gut. Verwöhnen Sie Ihre Haut anschließend mit Ihrer bewährten Pflege und wählen Sie Kleidung, die nur die Sinne Ihres Partners reizt, nicht aber Ihre Haut. Und wenn es soweit ist: Genießen Sie den Hautkontakt! Lieben Sie und lassen Sie sich lieben, so wie Sie sind.