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Dermatologie

Nesselsucht (Urtikaria): Quaddeln auf der Flucht

Foto: Dragana Gordic via Shutterstock

Dr. Karin Jahn-Bassler

Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Additivfach für Angiologie

Dr. Karin Jahn-Bassler ist Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten mit Fokus auf kinderdermatologische Fragestellungen. In unserem Interview erklärt sie, wie sich die Hauterkrankung Urtikaria zeigt, woran man sie gut als Nesselsucht identifizieren kann und warum man damit rechtzeitig zum Arzt gehen sollte.

Was ist die Urtikaria?

Die Urtikaria ist eine in jedem Alter auftretende Hauterkrankung. Etwa jeder Vierte ist einmal in seinem Leben davon betroffen, Frauen deutlich häufiger als Männer. Typisch für die Urtikaria sind stark juckende Quaddeln, ganz ähnlich wie sie einem nach dem Berühren einer Brennnessel „wachsen“ – daher auch der Name „Nesselsucht“. Sie können nach einigen Stunden von selbst wieder verschwinden und – je nach Auslöser – meist nach einigen Stunden oder Tagen wieder auftreten.

Wie verläuft ein typischer Urtikariaschub?

Die „flüchtigen“ Quaddeln zeigen sich spontan oder als Reaktion auf einen spezifischen Reiz, wobei die Schübe von einigen Stunden bis zu Jahren anhalten können. Sofern sie innerhalb von sechs Wochen abklingen, spricht man von akuter Urtikaria. Dauern sie jedoch länger an, liegt eine chronische Urtikaria vor.

Was verursacht die Quaddeln?

Die Auslöser der Urtikaria sind so wie ihr Verlauf sehr vielfältig: akute oder chronische Infektionen (bei letzteren vor allem Zahn- beziehungsweise Nasennebenhöhlenerkrankungen), physikalische Reize (Kälte, Wärme, Druck oder intensive Sonnenbestrahlung) oder Nahrungsmittel. Auch die Einnahme eines neuen Medikaments wie Fiebersenker, Antibiotika oder Blutdruckmittel kann sie hervorrufen. 

Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?

Handelt es sich um eine akute Situation mit Beteiligung von Lippen oder Zunge, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. In weniger gefährlichen Fällen gibt meist der individuelle Leidensdruck durch quälenden Juckreiz oder starke Schwellungen und die damit verbundenen Schmerzen den Ausschlag für eine fachärztliche Behandlung. 

Wie behandeln Sie die Urtikaria?

Um der Nesselsucht „auf die Spur zu kommen“, steht zu Beginn ein ausführliches Gespräch. Sehr hilfreich ist dabei ein selbst geführtes Tagebuch, um mögliche Auslöser (Nahrungsmittel, soziales Verhalten oder Medikamenteneinnahme) zu ermitteln. Die Urtikaria ist bislang zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar. Die Therapie der ersten Wahl sind hoch dosierte, meist gut verträgliche Antihistaminika, wobei die Dosiseinstellung in Absprache mit dem Arzt erfolgen sollte. Zeigt diese Wirkung, kann der Patient die Medikamente auch selbstbestimmt anwenden. Bleibt der erwartete Erfolg der Antihistaminika aus, kommt eine weitere ärztlich begleitete Systemtherapie, die monatlich in Spritzenform verabreicht wird, zum Einsatz. Diese bereits gut etablierte Therapie enthält ebenfalls einen Wirkstoff, der die Freisetzung von Histamin unterbindet, und wird anfänglich über einen Zeitraum von sechs Monaten verabreicht.

Haben Sie einen Tipp zur Ersten Hilfe beim Auftreten der Quaddeln?

Mit Ausnahme von kälteinduzierter Urtikaria helfen kurzfristig kalte Kompressen oder eine kühlende Dusche, den starken Juckreiz schnell zu lindern. Wissen sollte man: Die Urtikaria ist eine Reaktion aus dem Körperinneren heraus – von außen auf die Haut aufgebrachte Cremen oder Gels zeigen keine Wirkung.

Vielen Dank, Frau Dr. Jahn-Bassler, für das aufklärende Gespräch!

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