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Männergesundheit

Die Gesundheit geht vor

Photo: Nik Shuliahin via Unsplash

PrivatDoz. Dr. Daniela Colleselli, MSc

Leitende Oberärztin Universitätsklinik für Urologie und Andrologie Salzburg

Im Interview spricht die Urologin Daniela Colleselli über Diagnose und Behandlung von Nierenkrebs und Blasenkrebs. Die Fachärztin am Landeskrankenhaus Salzburg erklärt zudem, was Patienten beim Besuch eines Urologen erwartet.

Was ist Nierenkrebs, was Blasenkrebs und wer ist davon betroffen?

Unter Nierenkrebs werden verschiedene bösartige Tumore der Niere zusammengefasst. In der überwiegenden Mehrzahl handelt es sich um ein Nierenzellkarzinom, das aus dem urinproduzierenden Gewebe entsteht. Im Vergleich zu anderen Krebsarten ist der Nierenkrebs eher selten: Er macht etwa drei Prozent aller Krebsfälle aus.1 Der Blasenkrebs (Harnblasenkarzinom) ist der zweithäufigste urologische Tumor. Er kann je nach Stadium lediglich die oberflächliche Schleimhaut befallen oder in tiefere Schichten eindringen. Von Nierenkrebs sind Männer zweimal, von Blasenkrebs sogar dreimal häufiger als Frauen betroffen.2 Beide Krebsarten treten zwischen dem 60. und 75. Lebensjahr gehäuft auf.

Was sind Ursachen der beiden Krebserkrankungen?

Eher selten haben Nieren- und Blasenkrebs unvermeidbare genetische Ursachen. Vor allem entstehen sie infolge einer ungesunden Lebensweise, die sich vermeiden ließe: So gelten Nikotin, Übergewicht und hoher Blutdruck als Risikofaktoren für Nieren- krebs. Bei Blasenkrebs ist das ähnlich: Hier ist in bis zu 50 Prozent der Fälle das Rauchen (in-)direkte Ursache. Auch bestimmte Chemikalien, mit denen man ohne Schutzvorkehrungen als Maler und Lackierer häufig in Kontakt kommt, können für Blasenkrebs ursächlich sein. Und auch wer auffällig oft an einem Infekt des Harntrakts leidet – das trifft eher Frauen –, sollte des- sen Ursache abklären. Denn auch dahinter kann ein Blasenkrebs stecken.

Mit welchen Symptomen zeigen sich Nieren- und Blasenkrebs typischerweise?

Nierenkrebs wird heutzutage oft zufällig und so früh entdeckt, dass der Patient selbst noch keine Beschwerden hatte, zum Beispiel bei Routineuntersuchungen mit modernen bildgebenden Verfahren wie Ultraschall (US), Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT). Blasenkrebs äußert sich zumeist durch sichtbare Spuren von Blut im Urin. In seltenen Fällen können Absiedelungen Schmerzen verursachen und somit zur Diagnose führen.

Wie behandeln Sie Nieren- und Blasenkrebs?

Wie bei allen Krebserkrankungen gilt auch für Nieren- und Blasenkrebs: Je früher sie erkannt werden, desto aussichtsreicher ist die Behandlung. Und inzwischen haben wir gute Therapien für die beiden Krebsarten. Die Diagnosen Nieren- und Blasenkrebs sind heute nicht mehr unbedingt ein Todesurteil! Beim Nierenkrebs beispielsweise liegt die Überlebensrate fünf Jahre nach einer Diagnose im frühen Stadium zwischen knapp 70% und 97%.3 Bei einer OP wird je nach Tumorgröße und Komplexität des Tumors nur ein Teil der Niere oder die gesamte Niere entfernt. Wir operieren hier bereits mit hochmoderner Roboterunterstützung, sodass auch extrem feine Schnitte möglich sind. Zur Diagnose und Behandlung von Blasenkrebs führen wir in der Regel eine Blasenspiegelung durch – meist unter Narkose, um zugleich Proben zu ent- nehmen (Biopsie). In frühen Stadien entfernen wir dabei den kompletten Tumor, sodass eine OP mit Schnitt in der Bauchdecke unnötig ist. Weil der Blasenkrebs zum Wiederauftreten neigt, sind anschließend regelmäßige Kontrollen der Blase erforderlich. Ein weiter fortgeschrittener, bereits in den Blasenmuskel einwachsender Blasenkrebs zieht meist die Entfernung der Blase nach sich. Dann formen wir entweder aus Darmgewebe eine Ersatzblase oder legen einen künstlichen Ausgang.

Mit welchen Symptomen zeigen sich Nieren- und Blasenkrebs typischerweise?

Die meisten Männer kommen zu mir und meinen Kollegen, weil sie Beschwerden haben oder einen Routine Check-up durchführen lassen wollen. Nach einem ausführlichen Gespräch über Beschwerden, die Vorgeschichte des Patienten und aktuelle Befunde untersuchen wir die Patienten am Unterleib. Wir sichten, tasten ab. Das ist für den einen leichter zu ertragen als für den anderen – jeder hat seine persönliche Schamgrenze.

Falls Sie Bedenken haben:

1. Denken Sie immer daran, dass das für uns Urologen ein alltägliches Geschäft ist. Wir sind mit dem bestens vertraut, was für Sie an der Situation ungewohnt ist.

2. Bringen Sie zum Check eine Vertrauensperson mit, Ihren Partner, Bruder, Vater, Freund. Moralisch unterstützen kann derjenige Sie während des Gesprächs und/oder im Wartezimmer.

3. Stellen Sie uns alle Ihre Fragen und fragen Sie unbedingt nach, wenn Sie mehr Erklärung wünschen!

Denn für Sie ist es wichtig, sich checken zu lassen: Früh erkannt, ist eine Behandlung von Krebs erfahrungsgemäß immer aussichtsreicher. Und die Heilungschancen von Nieren- und Blasenkrebs sind dann vergleichsweise gut. Überwinden Sie sich: Mit Hose gibt’s keine Diagnose!

Vielen Dank, Dr. Colleselli, für dieses informative Gespräch!

1RCC Guidelines, European Association of Urology, Statistik Austria Krebsregister – Stand 12/2019 2RCC Guidelines und NMBIC Guidelines, Association of Urology, Statistik Austria Krebsregister – Stand 12/2019 3Leitlinienprogramm Onkologie S3 Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms

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