Home » Neurologie » Multiple Sklerose: Krankheit mit 1.000 Gesichtern
Neurologie

Multiple Sklerose: Krankheit mit 1.000 Gesichtern

Bild: Alexandra Haynak

Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste neurologische Erkrankung im jungen Erwachsenenalter, die zu bleibender Behinderung führen kann. Rund 14.000 Menschen sind davon in Österreich betroffen, weltweit dürften rund 2,8 Millionen mit MS leben. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr und betrifft Frauen drei- bis viermal so häufig wie Männer.

Ursachen von MS

Die Ursachen sind im Detail nicht geklärt, genetische Faktoren dürften aber die Grundlage der Erkrankung darstellen. Ob MS basierend auf unserer genetischen „Ausstattung“ tatsächlich in Erscheinung tritt, hängt von verschiedenen Umweltfaktoren ab. (Virale) Infektionen in der Kindheit oder Jugend könnten hier ebenso eine Rolle spielen wie die Ernährung, hygienische Standards, aber auch das Rauchen oder die Sonneneinstrahlung und der damit verbundene Vitamin D Spiegel im Blut.

Am Ende der Kaskade unterschiedlicher Ursachen einer Autoimmunerkrankung steht ein Immunsystem, das nicht nur fremde Eindringlinge erkennt und vernichtet, sondern auch körpereigene Strukturen (im Falle der MS-Strukturen an der Oberfläche von Nervenzellen) gleichsam irrtümlich erkennt und attackiert.

Das Spezifische der MS

In rund 90 % der Fälle beginnt die Erkrankung mit einer relativ plötzlich einsetzenden Funktionsstörung des Nervensystems, wobei Seh-, Gefühls-, aber auch Koordinationsstörungen die häufigsten Beschwerden zu Beginn der Erkrankung sind. Nachdem diese Beschwerden anfangs meist von selbst verschwinden und anschließend wieder ein normales Leben möglich ist, spricht man von Schüben. Mit zunehmender Erkrankungsdauer werden die Schübe und die Rückbildung der Beschwerden seltener, es kommt zu einer langsam-schleichenden Verschlechterung von Beschwerden und zur Entstehung bleibender Behinderung.

Gedächtnisprobleme, Störungen der Sexualität, Blasenfunktionsstörungen und chronische Müdigkeit (Fatigue) treten in dieser Phase der MS gehäuft auf. Bei 10 Prozent aller Betroffenen beginnt MS mit einem chronisch-progredienten Verlauf. Da in diesem Fall meist Menschen nach dem 40. Lebensjahr und häufiger Männer betroffen sind, was insgesamt für die MS untypisch ist, wird die Diagnose oft auch verzögert gestellt.

Generell ist es aber nicht schwierig, Multiple Sklerose festzustellen. Typische Beschwerden in jungem Alter lenken meist schon den Verdacht auf die richtige Spur. Eine detaillierte neurologische Untersuchung, ergänzt durch eine Magnetresonanztomographie von Gehirn und Rückenmark, sowie eine Untersuchung des Nervenwassers können diesen Verdacht dann erhärten.

Frühes Eingreifen lohnt sich

Um bleibende Defizite möglichst lange vermeiden zu können, ist es wichtig, die Erkrankung möglichst frühzeitig zu behandeln. Neben der Therapie des akuten Schubes mit Kortisonpräparaten steht heute eine Vielzahl von Immuntherapien zur Verfügung, welche die Erkrankung bei einer signifikanten Zahl aller Menschen mit MS sehr gut kontrollieren können.

In den späteren Erkrankungsphasen, in der die Schübe weniger werden und es zu einer mehr chronisch-progredienten Verschlechterung kommt, gibt es dagegen bis dato nur wenige und nur begrenzt wirksame Therapien, sodass das klinische Hauptaugenmerk derzeit auf der Behandlung in den frühen Phasen der MS gerichtet ist und sich die Erforschung neuer Therapie mittlerweile voll und ganz auf die chronisch-progrediente Phase konzentriert.

Änderung des Lebensstils

Ganz entscheidend, um die Erkrankung langfristig erfolgreich kontrollieren zu können, ist neben einer medikamentösen Therapie die entsprechende Lebensstilmodifikation: Gesunde Ernährung mit einer Reduktion gesättigter Fettsäuren (im wesentlichen in tierischen Fetten enthalten) zugunsten von ungesättigten (in Fisch und Pflanzenölen enthalten) zählen hier ebenso dazu wie Nikotinkarenz, regelmäßiges Ausdauertraining und eine innere Balance, um die Erkrankung nicht zum Zentrum des eigenen Lebens werden zu lassen.

Unterstützungsnetzwerk

Gerade bei den zuletzt genannten Punkten erhalten Menschen mit MS Unterstützung durch die Österreichische MS-Gesellschaft und deren Landesgesellschaften. Hier bekommen Betroffene und Angehörige wertvolle Tipps für den Alltag, Unterstützung bei möglichen Problemen im Zusammenhang mit der Erkrankung und nicht zuletzt die Möglichkeit, mit anderen Betroffenen in Kontakt zu treten. Wie wichtig ein solcher Kontakt ist, und wie schmerzhaft sein Fehlen sein kann, hat uns die laufende SARS-CoV-2 Pandemie vor Augen geführt. In diesem Sinn: Stay connected!

Nächster Artikel