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Schmerz

Rheumaschmerz

Old man suffering from pain and rheumatism
Old man suffering from pain and rheumatism
iStock/seb_ra

Über 400 verschiedene Krankheiten werden unter dem Begriff Rheumazusammengefasst. Aus dem Griechischen übersetzt, bedeutet dieser Begriff: fließender Schmerz. Im Alter von 80 Jahren haben fast alle Menschen eine rheumatische Krankheit. In Österreich verursachen rheumatische Erkrankungen fast 9 Millionen Krankenstandstage. Die Forschungen der letzten 20 Jahre haben bei vielen Krankheitsbildern neue Therapieansätze ermöglicht.

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Prof. Dr. Michael Hans Ausserwinkler

Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Rheumatologie

Entzündliches Rheuma

Dazu gehört die rheumatoide Arthritis, auch chronische Polyarthritis genannt, der Morbus Bechterew, die Psoriasisarthritis, entzündliche Bindegewebserkrankungen wie der Lupuserythematodes, die Polymyalgia rheumatica oder durch Viren und Bakterien ausgelöste Gelenksentzündungen. Dem gegenüber stehen degenerative rheumatische Erkrankungen, die Arthrosen oder heute Osteoarthritis genannt.

Rheumatoide Arthritis (Polyarthritis)

Dieser Erkrankung liegt ein Autoimmungeschehen zu Grunde. Körpereigene Abwehrzellen greifen Gelenke genauso an, wie sie es bei Viren, Bakterien oder Pilzen tun würden. Daraus resultiert Schmerz, Schwellung, Rötung und eine Überwärmung des Gelenkes sowie der Gelenksumgebung. Auffallend ist die Morgensteifigkeit von mehr als 1 ½ Stunden. Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis fühlen sich morgens und in den frühen Morgenstunden am schlechtesten. Zur Entstehung einer rheumatoiden Arthritis müssen zwei Dinge zusammen kommen: Einerseits eine ererbte Bereitschaft für Autoimmunerkrankungen, andererseits aber auch Umwelteinflüsse. Diese sind noch nicht vollkommen erforscht. Sicher ist aber, dass das Rauchen ein Faktor für die Auslösung einer rheumatoiden Arthritis ist und dass bei RaucherInnen die Erkrankung deutlich aggressiver verläuft.

Morbus Bechterew und andere entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen

Bei dieser Autoimmunerkrankung spielt sich die Entzündung in den Gelenken der Wirbelsäule und im Gelenk zwischen Wirbelsäule und Darmbein (Sacroiliakalgelenk) ab. Im Laufe der Jahre kommt es zu einer Versteifung der Wirbelsäule und zur Ausbildung eines Rundrückens. Zusätzlich kann es im Rahmen dieser Erkrankung zu Entzündungen der Sehnenansätze oder der Augen (Regenbogenhaut) kommen.

Schmerzen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew)

Die Schmerzen werden nicht nur durch Entzündungsstoffe erzeugt. Das Schmerzempfinden ist auch abhängig vom Umgang mit dem Krankheitsstress, auch Schonhaltungen können sich ungünstig auswirken. Mangelnde Bewegung führt zu einem rascheren Funktionsverlust und zu vermehrten Schmerzen, ausgelöst durch Verspannungen. Hat sich der Teufelskreis Schmerz verursacht Verspannungen und Verspannung verursacht Schmerz erstmal ausgebildet, ist die Gefahr einen chronischen Schmerzzustand zu entwickeln, sehr groß. Hinzu kommt dann das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und oft eine reaktive Depression.

Zellbotenstoffe beeinflussen die Krankheitsaktivität

Jede Zelle des Immunsystems kommuniziert mit anderen Zellen. Für diesen. Informationsaustausch. werden Zellbotenstoffe von Zelle zu Zelle geschickt. Diese heißen Zytokine. Zytokine sind dafür verantwortlich, dass eine Entzündung aktiv und schmerzauslösend verläuft. Jahr für Jahr werden neue Zytokine entdeckt und deren Bedeutung entschlüsselt. Die medizinische Forschung hat sich in den letzten Jahren darauf konzentriert, Zellbotenstoffen zu neutralisieren. Dafür wurden Anti-Zytokine entwickelt. Diese Anti-Zytokine wurden in den letzten 20 Jahren entwickelt und haben zu einer Revolution in der Rheuma-Therapie geführt. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen können zur Zerstörung von Gelenken oder der Wirbelsäule führen. Will man diese Zerstörung verhindern, muss ins Immunsystem eingegriffen werden. Neben den Anti-Zytokinen gibt es eine Reihe anderer Medikamente, die das Immunsystem beeinflussten (modulieren)können. Dazu gehören Medikamente wie Methotrexat oder das altbekannte Cortison. Wird Cortison richtig eingesetzt, kann es Krankheit und Schmerz gut beeinflussen. Dafür wird Cortison am Beginn einer Rheumabehandlung höher dosiert verabreicht, oder in einem akuten Krankheitsschub für kurze Zeit gegeben. Auch die gezielte Verabreichung einer Cortisoninjektion in ein Gelenk wird heute häufig durchgeführt.

Nicht cortisonhaltige entzündungshemmende Medikamente

Unter dem Begriff nicht steroidale anti-inflammatorische Medikamente werden Substanzen zusammengefasst, die eine abschwellende und entzündungshemmende Eigenschaft besitzen. Am längsten bekannt ist das Aspirin, welches heute zur Entzündungshemmung kaum mehr eingesetzt wird. Neure NSAI´s oder auch nicht steroidale Antirheumatika, NSAR genannte Medikamente, dürfen nicht unkritisch verwendet werden. Sie können Magen/Darmblutungen, Blutdruckanstiege sowie Probleme an Leber, Herz und Gehirn verursachen. Ihr gezielter und medizinisch kontrollierter Einsatz kann die Lebensqualität jedoch deutlich verbessern.

Selbsthilfe bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen

Patienten mit umfassenden Wissen über ihre Erkrankung haben eine bessereLebensqualität, weniger Komplikationen und ein besseres Therapie ansprechen. Zu diesemWissen zählt auch jenes über Ernährung, Bewegung und Allgemeinmaßnahmen. ZurWissensvermittlung gehört auch der Blick in das Internet. Die Webseiten vonRheumagesellschaften, wie jene der österreichischen Gesellschaft für RheumatologieÖGR, bieten seriöses Wissen an. Leider gibt es auch eine Reihe von Internetseiten, die diese Seriosität vermissen lassen. Oft werden Kaufangebote als Wissensvermittlung getarnt.

Degenerative Gelenkserkrankungen (Arthrosen)

Zu Gelenksabnützungen (Arthrosen) kann es in jedem Gelenk kommen. Am häufigsten betroffen sind Hüfte, Knie und die Fingergelenke. Bei der Entstehung der Arthrose, spielt die Vererbung eine große Rolle, aber auch Überlastung, Gelenksfehlstellungen und das Übergewicht spielen in der Arthrose-Entwicklung eine entscheidende Rolle. Bei der Behandlung der Arthrose müssen vier Stufen berücksichtigt werden:

  1. Allgemeinmaßnahmen
  2. Physikalische Therapie
  3. Medikamente
  4. Operation

Die Zeit bis zum Gelenksersatz kann durch aktive Maßnahmen, Bewegungstherapie, physikalische Therapie und gelenksunterstützenden Maßnahmen verlängert werden. Die Erhaltung der Beweglichkeit spielt die größte Rolle. Zur Unterstützung sollten auch NSAI´s eingesetzt werden. Die Injektion von entzündungshemmenden Substanzen (auch Cortison) in Gelenke kann die Beweglichkeit verbessern. Knorpelschutzsubstanzen die im Handel, insbesonders jene, die im Internet angeboten werden, werden häufig angewendet. Die Anwendung erfolgt jedoch ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage. Bevor Sie viel Geld für derartige Substanzen ausgeben, sprechen sie mit ihrem Arzt bzw. Ärztin über die Sinnhaftigkeit derartiger Medikamente.

Weichteilrheuma

Beim Weichteilrheuma unterscheidet man entzündliche Formen wie die Polymyalgiarheumatica oder die Myositis von nicht entzündlichen Formen wie das Fibromyalgiesyndrom. Die Polymyalgia rheumatica und die Myositis verlangen eine aktive entzündungshemmende Therapie, zu der auch der Einsatz von Cortison gehört. Die Fibromyalgie wird durch eine Störung der Schmerzverarbeitung ausgelöst, bzw. aktiviert. Von der Fibromyalgie sind vorwiegend Frauen betroffen, die oft eine lange Leidensgeschichte hinter sich haben. Berufliche Überlastung, ständige Existenzängste, mangelnde Regeneration kann die Krankheit auslösen oder verschlechtern. Eine rein medikamentöse Schmerzbehandlung hilft den Fibromyalgie Patientinnen kaum. Ohne Berücksichtigung der Lebensumstände kann eine Behandlung nicht erfolgreich sein.

„Mangelnde Bewegung führt zu einem rascheren Funktionsverlust und zu vermehrten Schmerzen, ausgelöst durch Verspannungen.“


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