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Früherkennung von Sehschwächen

Foto: Edi Libedinsky via Unsplash

Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen helfen, Fehlsichtigkeit frühzeitig zu entdecken.

DI Dr. Christian Simader

Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie, Vorsitzender der ÖOG-Kommission für Refraktion, Optometrie und Kontaktologie
Foto: C. Kletzer

Das kindliche Auge durchläuft einen geregelten Wachstumsprozess, das Erkennen von Bildern unterliegt einem Lernprozess. Bereits geringe Abweichungen des Augenwachstums können den Lernprozess stören und zu irreversiblen Sehschwächen führen.

Die Optik des Auges, die Entwicklung des Auges und mögliche Fehler

Insbesondere Hornhaut und Linse sind dafür verantwortlich, dass ein scharfes Bild auf der Netzhaut abgebildet wird. Das Auge des Neugeborenen ist noch sehr kurz, es ist weitsichtig (hyperop): Ohne Anstrengung des Kindes (Naheinstellung = Akkommodation) würde das Bild eines fernen Objekts hinter der Netzhaut liegen. Wächst das Auge zu langsam, bleibt das Kind hyperop, wächst es zu schnell, wird es kurzsichtig (myop), das Bild liegt nun vor der Netzhaut. Unterschiedliche horizontale und vertikale Krümmungen der Hornhaut und/oder Linse führen zum sogenannten Astigmatismus: Ohne zusätzliche Korrektur, zum Beispiel mittels Brille, entsteht nie ein scharfes Netzhautbild.

Das Zusammenspiel beider Augen

Zur Erlangung optimaler Sehschärfe und der höchsten Sehqualität, des Stereosehens, benötigen nicht nur beide Augen des Kindes kontinuierlich ein scharfes Netzhautbild. Auch die Sehachsen beider Augen müssen immer korrekt ausgerichtet sein. Viele Faktoren können dieses sensible Gleichgewicht stören und zu einem Schielen führen, so zum Beispiel eine nicht oder unzureichend korrigierte Weitsichtigkeit. Nicht alle Schielformen sind für Außenstehende erkennbar, es bedarf daher sorgfältigster und gleichzeitig einfühlsamer Untersuchungsmethoden. Unerkannt und daher nicht therapiert führen die meisten Schielformen zu Störungen der Sehleistungen, die später nie mehr wiedererlangt werden können und auch die spätere Berufswahl einschränken können.

Mit der Einführung des Mutter-Kind-Passes 1974 wurden Mindestanforderungen definiert. Welche Augenuntersuchungen benötigen bisher sehunauffällige Kinder im Rahmen eines Screenings nach dem ersten und zweiten Lebensjahr, um möglichst alle Formen der Störungen rechtzeitig zu entdecken: Abdecktest (Covertest), Augenstellungen, Augenbeweglichkeit, Naheinstellreaktion, Schattenprobe (Skiaskopie), Sehschärfe ohne und mit Brillenglaskorrektur, Stereosehen. Insbesondere die professionell vom Augenarzt oder der Augenärztin durchgeführte Schattenprobe bei weiter Pupille stellt den Goldstandard im Rahmen der Untersuchung im zweiten Lebensjahr dar, ermöglicht sie doch objektiv, das heißt unabhängig von der Reaktion des Kindes, eine genaue und reproduzierbare Ermittlung einer Fehlsichtigkeit inklusive Astigmatismus, wie es selbst die genauesten und modernsten automatisierten Geräte nicht schaffen.

Diagnostik nach dem zweiten Lebensjahr

Auch nach dem zweiten Lebensjahr ist die kindliche Sehentwicklung einem ständigen Lernprozess unterworfen. Abhängig von den Ergebnissen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchung nach dem zweiten Lebensjahr – beziehungsweise im Falle noch ausstehender Untersuchungen –, werden mit dem Augenarzt / der Augenärztin weitere Kontrollen vereinbart. Besonderes Augenmerk wird heute auch auf die Entwicklung der Kurzsichtigkeit gelegt. Sowohl zunehmende Prävalenzen – bereits 2040 wird in Europa jede zweite Person kurzsichtig sein – als auch (neben vermehrtem Aufenthalt im Freien) hocheffiziente neue Therapieoptionen zur Kurzsichtigkeitsprophylaxe wie spezielle Brillengläser, spezielle Kontaktlinsen oder medikamentöse therapeutische Optionen verlangen hier eine genaue Diagnostik, um Risiken späterer sehbedrohender Komplikationen wie Glaukom (grüner Star) oder Netzhauterkrankungen inklusive Netzhautabhebung zu reduzieren.

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