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Hermine Hofner (68) erhielt ihre Diagnose Morbus Parkinson vor 14 Jahren. Im Interview berichtet sie, wie Selbsthilfe beim Bewältigen der Diagnose und des Lebens mit der neurodegenerativen Erkrankung hilft – und warum sie selbst Österreichs Tischtennis-Selbsthilfegruppe für an Parkinson Erkrankte gründete.
Hermine, wie kam es zu Ihrer Diagnose?
Ich hatte schon zwei, drei Jahre lang Hüftschmerzen und der Fuß machte kleinere Schritte, als ich wollte. Ich schrieb es dem Älterwerden zu. Im Büro, ich war Gemeindesekretärin, sagte meine Kollegin: „Schreib bitte größer, ich kann fast nichts mehr lesen!“ Am PC machte ich häufiger Fehler, dachte schon an Legasthenie. Als dann eine Schulter tiefer hing als die andere, ging ich zum Arzt. Die Diagnose war rasch gestellt, und ich bekam sofort Medikamente.
Wie geht es Ihnen heute?
Schlechter, trotz stärkerer Medikamente. Mein Körper wird steifer, das Bücken mühsamer. Ich bin öfter auf Hilfe angewiesen, zum Beispiel beim Anziehen. Wobei ich nie sage, dass ich dies und das nicht mehr kann, sondern mir immer vor Augen halte, was ich noch kann. Und das ist nicht wenig.
Wieso gründeten Sie eine Tischtennis-Selbsthilfegruppe?
Uns Parkinson-Patient:innen wird immer geraten, etwas ganz Neues anzufangen, das uns fordert – körperlich und geistig; oder eine einst liebgewesene Sache, die im Lauf des Lebens vernachlässigt worden ist, wieder aufzunehmen. Bei mir war das Tischtennis. Das haben wir als junge Eltern mit unseren zwei Kindern viel gespielt – und mir hat das immer Spaß gemacht. 2021 besuchte ich die Parkinson-Tischtennis-WM in Berlin, 2022 gründete ich die Gruppe Parkinson Table Tennis Austria, damals noch unter anderem Namen.
Wofür ist Tischtennis bei Parkinson gut?
Laut Studien kann Tischtennisspielen als Therapie den Fortschritt der Erkrankung verlangsamen, da es die Bewegungskoordination fördert. Ich habe das selbst erlebt: Anfangs musste ich mich noch an der Platte stützen, der Schläger zitterte in meiner Hand. Doch mit jedem Training wurde ich sicherer: Das Gleichgewicht ist wieder da, der Tremor weg.
Noch dazu habe ich Gesellschaft. Zwar gleicht kein Parkinsonverlauf dem anderen, doch der Austausch mit Leidensgenoss:innen, das Mutmachen und die praktischen Tipps zur Alltagsbewältigung helfen. Da es viele Therapien gibt, halten wir uns so auf dem Laufenden.
Das Ziel ist es, mit sportlicher Aktivität möglichst lange beweglich zu bleiben. Die Verbindung von sportlichen sowie gesundheitlichen Aspekten und dem Spaß am Spiel stärkt das Selbstbewusstsein und hilft, die soziale Isolation zu überwinden.
Was brauchen Selbsthilfegruppen, um erfolgreich zu sein?
Der Erfolg hängt immer von der Gruppenleitung ab – eine gute zu finden, ist nicht leicht. Unsere Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit als Parkinson-Patient:innen sinkt mit dem Krankheitsverlauf, und wir können diesen Job meist nicht (lange) ausüben. Bei den pflegenden Angehörigen steigt die Belastung auch parallel zur Verschlimmerung unserer Krankheit, das heißt, für das Leiten einer Gruppe fehlt ihnen auch oft Zeit und Kraft.
Grundsätzlich brauchen wir außerdem mehr Akzeptanz, die wiederum mehr Wissen zu unserer Krankheit voraussetzt: Gerade die parkinsontypischen Gleichgewichtsstörungen werden uns oft noch als ‚Betrunkenheit‘ angekreidet.
Was raten Sie Betroffenen in Bezug auf Gespräche mit Neurolog:innen?
Ich rate ihnen, jegliche Scheu oder gar Scham abzulegen und über alles zu sprechen, was die Krankheit mit sich bringt. Ein Tagebuch, in dem man die Befindlichkeiten festhält, hilft sich bewusst zu machen, was mit der Zeit nicht mehr geht – der Verlust von Fähigkeiten ist schleichend. So können sich auch die Mediziner:innen ein besseres Bild vom Verlauf machen und die Behandlung passgenau zuschneiden.
Hilfestellungen bei Morbus Parkinson
Bei Fragen zu Morbus Parkinson: Website der Österreichischen Parkinson-Gesellschaft (ÖPG)
Bei Bedarf nach Austausch unter Gleichgesinnten: Linkliste der Selbsthilfegruppen
Bei Fragen zum Thema „Fortgeschrittener Morbus Parkinson“: Videokurs mit Univ.-Prof. Dr. Walter Pirker4