Conny Pollack (29) erhielt mit sechs Jahren ihre Skoliose-Diagnose. Doch erst als sie zwölf war, begann die entsprechende Therapie. Heute unterstützt Conny als staatlich geprüfte Trainerin selbst Skoliose-Betroffene und bietet ihnen skoliosegerechtes Krafttraining sowie vielfältige Gelegenheiten zum Austausch.

Mag. Cornelia Pollack, BSc BSc
© Skoliose Hilfe
Staatlich geprüfte Trainerin mit Schroth-Fortbildung und selbst Skoliose-Betroffene
Conny, warum dauerte es von der Diagnose bis zur Behandlung deiner Skoliose so lange?
Nachdem meine Eltern bemerkt hatten, dass mein Rücken irgendwie schief war, gingen sie sofort mit mir zum Arzt. Der stellte mittels Röntgenaufnahme eine Skoliose fest, meinte aber nur: ‚Die wächst sich aus.‘ Diese Aussage wiederholte er trotz Verschlechterung bei den jährlichen Check-ups, bis es meinen Eltern reichte – und wir eine Zweitmeinung einholten. Der neue Arzt schlug die Hände über dem Kopf zusammen und verordnete mir für die Seitenverbiegung meiner Wirbelsäule und die verdrehten Wirbelkörper sofort eine Reha, Physiotherapie-Einheiten nach Schroth sowie ein Korsett.
Wie wichtig ist es, dass eine Skoliose möglichst früh entdeckt und behandelt wird?
Nicht behandelt schreitet die Skoliose oftmals voran, insbesondere während der Wachstumsphase – aber auch darüber hinaus. Deshalb gilt: Je früher eine Skoliose individuell behandelt wird, desto besser sind die Aussichten auf Therapieerfolg. Mein Rat: Den Besuch beim Orthopäden nicht aufschieben!
Du hast es selbst erlebt und bist dank deiner Arbeit mit vielen Betroffenen in Kontakt: Welchen Einschnitt in den Alltag bedeutet die Skoliose-Therapie für Teenager:innen?
Die Pubertät ist von Natur aus schon eine Herausforderung für Pubertierende und ihre Familien. Eine zusätzliche Skoliose-Therapie – mit rund um die Uhr zu tragendem Korsett, einer angeleiteten Physioeinheit pro Woche und vier bis fünf Trainings zuhause sowie bestenfalls einer jährlichen Reha – verstärkt die körperliche, psychische und soziale Belastung sehr. Viele Betroffene fühlen sich sehr alleine, haben niemanden mit demselben Schicksal zum Reden, und haben nicht gelernt, wie sie mit dem Korsett mental gut umgehen.
Du trägst zeitweise noch immer ein Korsett: Welchen Effekt hat das?
Als Kind und Jugendliche schmerzte meine Skoliose nicht. Ich trug mein Korsett und machte brav meine speziellen Trainings nach Katharina Schroth. Doch die Behandlungsleitlinien für Skoliose gelten nur, bis man ausgewachsen ist. Als ich in meinen 20ern dann keine Therapie mehr hatte, bekam ich erstmals Schmerzen – die geblieben sind.
Das brachte mich dazu, mich mit der Skoliose intensiv zu befassen – und mir meinen Weg aus den Schmerzen zu suchen: Heute trage ich vier bis fünf Stunden täglich ein Erwachsenenkorsett. Ich habe die Angst, meinen Körper zu überlasten, nicht nur abgelegt, sondern sogar ein eigenes skoliosegerechtes Krafttraining entwickelt, das die Skoliose-Physio- und Atemtrainings nach Schroth ergänzt. Dank dessen bin ich inzwischen schmerzfrei und kann andere Betroffene trainieren.
Was würdest du Skoliose-Betroffenen auf ihren Weg mitgeben?
Wir als Skoliose-Betroffene fühlen uns nicht „schief“ und sind oft irritiert, wenn unsere Lieblingsmenschen das Offensichtliche aussprechen. Deshalb: Vertraut ihrem Blick und geht zur Kontrolle – sie meinen es nur gut mit euch!
Außerdem ist es essenziell, von Anfang an die gebotenen therapeutischen Maßnahmen in Anspruch zu nehmen und die Einheiten durchzuziehen – auch wenn es schwerfällt! Sie wirken! Trainiert nicht auf eigene Faust: Die skoliosegerechten Trainings brauchen Fachwissen und sind immer individuell auf die Skoliose abgestimmt. Sucht euch Expert:innen, die sich wirklich auf Skoliose spezialisiert haben – der Aufwand lohnt sich! Und ganz wichtig: Die Skoliose-Diagnose macht uns nicht zum Opfer. Wir haben die Chance, unsere Wirbelsäule aus eigener Kraft zu stabilisieren – also nutze sie!