Der Leiter des Impfreferates der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, Priv.-Doz. Dr. Hans-Jürgen Dornbusch, hat mit Mediaplanet über den Österreichischen Impfplan, Diskussionen um kostenfreie Impfungen und den ungleichen Kampf gegen Fake News gesprochen.
Priv.-Doz. Dr. Hans Jürgen Dornbusch
Facharzt für Kinder & Jugendheilkunde in GrazAndritz, Leiter des Referates Impfkommission der ÖGKJ
Warum gibt es einen Österreichischen Impfplan?
Impfpläne gibt es in fast jedem Land der Welt. Die einzelnen nationalen Impfpläne sind Abwandlungen des von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Impfschemas und deshalb nicht in jedem Land gleich. So wird die Schutzimpfung gegen FSME etwa in Österreich empfohlen, die Gelbfieberimpfung ist wiederum Einreisebedingung
für viele afrikanische und südamerikanische Länder. Der Österreichische Impfplan wurde also entwickelt, um bei uns möglichst viele impfpräventable Erkrankungen zu verhindern – mit dem Wissen, dass Impfen die wahrscheinlich effizienteste Methode zur Prävention von Erkrankungen ist, die uns die Medizin zur Verfügung stellen kann.
Im Österreichischen Impfplan finden sich neben kostenfreien Impfungen auch kostenpflichtige. Warum ist das so?
Das hat historische Gründe. Im Jahr 1998 wurde durch die damalige Gesundheitsministerin, Eleonore Hostasch, der Beschlussgefasst, dass alle empfohlenen Impfungen kostenfrei sein sollen. Danach hat sich die politische Landschaft verändert und der Sparstift wurde angesetzt. Daher entfacht nach jeder Impfempfehlung des Nationalen Impfgremiums eine Diskussion um die Kostenübernahme. Wir müssen also die Politik davon überzeugen, dass sie unser Geld dafür ausgibt, damit Impfungen für die zu Impfen- den kostenfrei werden. In einem Wohlfahrtsstaat wie Österreich sollten die Kosten für Impfungen von der öffentlichen Hand getragen werden. Das betrifft unter anderem die im Impfplan empfohlenen, aber kostenpflichtigen Impfungen gegen FSME, Meningokokken, Windpocken und Gürtelrose.
Entsteht durch diese Unterteilung in kostenfreie und kostenpflichtige Impfungen ein Ungleichgewicht innerhalb des Impfplans?
Ja, das ist ein großes und wichtiges Thema! Das Empfinden vieler Menschen ist, dass kostenfreie Impfungen, die durch die öffentliche Hand bezahlt werden, auch wichtiger sind.
Durch die Coronapandemie ist das Thema Impfen ein sehr polarisierendes geworden. Gibt es immer mehr impfskeptische Eltern – oder wirkt dies nur so?
Leider wurde diese Entwicklung durch die Pandemie befeuert. Durch die Verbreitung von Fake News über die sogenannten „sozialen Medien“ ist es ein ungleicher Kampf geworden. Auch bei medialen Diskussionen sitzt häufig ein Impfgegner der Repräsentanz des faktenbasierten Wissens in einem 1:1-Set- ting gegenüber. Das erschwert die seriöse Information im Ordinationsalltag sehr, denn gegen Fake News und Impfskepsis können wir nur im Einzelgespräch argumentieren.
In Österreich gibt es einen „harten Kern“ an Impfgegnern, der bei 3–4 % liegt und keiner Argumentation zugänglich ist. Allerdings verunsichert dieser Kern einen großen Teil der Bevölkerung.
Mit welchen Argumenten kann man diesem Phänomen begegnen?
Impfen ist eine ungefährliche Art, eine Erkrankung durchzumachen und den Körper darauf zu trainieren, wie er im Ernstfall auf sie zu antworten hat. Eine Impfung ist ein Trockentraining ohne Gefahr für immungesunde Menschen. Für immungeschwächte Menschen ist lediglich bei Lebendimpfstoffen Vorsicht geboten. Bei Totimpfstoffen kann aber nichts passieren. Das Schlimmste wäre, dass die Impfung nicht wirkt. Die Impfreaktionen halten sich in Grenzen und klingen nach wenigen Tagen wieder ab. Leider ist das Bewusstsein für die Gefahr von impfpräventablen Erkrankungen in den letzten Jahren zurückgegangen. Die Impfungen werden sich quasi selbst zum Feind, weil durch ihre Wirkung Erkrankungen glücklicherweise nicht mehr präsent sind. Wir sollten keine Angst vor der Impfung, sondern nur Angst vor der Erkrankung haben.