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Sie sind nicht Ihre Erkrankung!

Kranke Frau leidet unter Schmerzen im Badezimmer und Illustration der ungesunden Leber. Hepatitis
Kranke Frau leidet unter Schmerzen im Badezimmer und Illustration der ungesunden Leber. Hepatitis
© New Africa - shutterstock.com

Die Pflegeexpertin für Lebererkrankungen BSC („Liver Nurse“) Denise Schäfer erklärt, wie sie und ihr interdisziplinäres Team Leberkranke betreuen und worauf es ankommt, um Diagnose, Behandlung und das Leben mit einer kranken Leber zu bewältigen.

Denise Schäfer, BSc Gründerin, Vorständin Liver Care Nurse Österreich, Pflegeexpertin für Lebererkrankungen

Denise Schäfer, BSc 

© ZVG

Gründerin, Vorständin Liver Care Nurse Österreich, Pflegeexpertin für Lebererkrankungen

Wie erleben Ihre Patient:innen die Diagnose „kranke Leber“? Wie begleiten Sie sie dabei?

Gerade bei denjenigen, deren Leber infolge von Alkoholkonsum erkrank ist, herrscht meist großes Unverständnis. Da folgt auf den ersten Schock schnell ein Verdrängen: ‚Ich habe doch kaum oder gar nichts getrunken…‘ Es ist dann meine Aufgabe, über die Erkrankung im Allgemeinen und nach der gründlichen Anamnese ebenso über den individuellen Verlauf aufzuklären sowie für eine gewisse Krankheitseinsicht zu sorgen. Viele Patient:innen mit einer Lebererkrankung, an der nicht der Alkohol schuld ist, haben neben der Angst vor den Krankheitsfolgen auch Angst vor Stigmatisierung. Das gesellschaftlich verbreitete Krankheitsbild „Leberschäden“ ist doch sehr einseitig auf Alkohol fokussiert. 

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen im Leben mit einer chronischen Lebererkrankung? Welche Strategien helfen im Umgang damit?

Die Krankheitseinsicht ist der Schlüssel zum Bewältigen der Erkrankung. Einsicht erlangen die Patient:innen dank einer Schulung. Gemeinsam mit meinem Team schule ich sie im alltäglichen Umgang mit der Erkrankung und in der Früherkennung von Komplikationen und Notfällen. So wissen sie von Anfang an, was ist, was auf sie zukommen kann – und dank meiner Schulungsblätter auch, wie sie im Notfall richtig reagieren können. Die größte Herausforderung und zugleich Last für alle ist sicher die Unvorhersehbarkeit des Krankheitsverlaufs. Deshalb sorgen wir für Strukturen: Wir fragen, was die Patient:innen wollen. Wir legen ein Therapieziel und die einzelnen Schritte dorthin fest. Klappt es mit Plan A nicht, haben wir Plan B und C in der Tasche. Alle Beteiligten wissen darüber Bescheid. 

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Wie stark ist die psychische Belastung für Patient:innen und Angehörige und welche Rolle spielt hier Ihre Betreuung?

Die Angst vor dem Fortschreiten der Erkrankung belastet Betroffene und Angehörige. Waren Alkoholkonsum oder lebensstilbedingtes Übergewicht eine Ursache der Lebererkrankung plagen die Betroffenen häufig auch Schuldgefühle. Die sich kümmernden Angehörigen geraten gerade im fortgeschrittenen Stadium leicht in Gefahr, eine mentale sowie körperliche Rollenüberlastung zu entwickeln. Hier müssen wir sie stärken, damit sie nicht auch noch krank werden. Hinzu kommt, dass Lebererkrankungen mitunter auch Wesensveränderungen mit sich bringen: Die Patient:innen werden vergesslich, gereizt, aggressiv. Auch hier brauchen Betroffene und Angehörige Unterstützung. 

Was geben Sie Betroffenen und ihren Angehörigen mit auf den Weg? 

  1. Das Wichtigste ist: Sie sind nicht Ihre Erkrankung! 
  2. Informieren Sie sich gründlich, fragen Sie Ärzt:innen und Betreuer:innen, was Sie wissen wollen! 
  3. Bringen Sie sich aktiv in die Therapie ein: Teilen Sie sich uns offen mit – nutzen Sie Ihre Stimme!  
  4. Suchen Sie Austausch in Selbsthilfegruppen – als Patient:in und als Betroffene:r.

WORAN ERKENNEN SIE EINE CHRONISCHE LEBERERKRANKUNG?

Chronische Lebererkrankungen entwickeln sich oft schleichend und bleiben lange unbemerkt. Erste Anzeichen sind meist unspezifisch:

  • Müdigkeit und Erschöpfung
  • Konzentrationsprobleme (häufig im Straßenverkehr)
  • Vergesslichkeit
  • Übelkeit, Appetitlosigkeit oder Völlegefühl
  • Juckreiz
  • Gelbliche Augen (frühe Form der Gelbsucht)
  • Dunkler Urin, heller Stuhl


In fortgeschrittenen Stadien können weitere Symptome auftreten: 

  • Deutliche Gelbsucht (Haut und Augen)
  • Flüssigkeitsansammlung im Bauch („Wasserbauch“, Aszites)
  • Schwellungen an den Beinen (Ödeme)
  • Blutiges Erbrechen
  • Blutungsneigung oder blaue Flecken
  • Verwirrtheit oder Bewusstseinsstörungen (Hinweis auf Leberenzephalopathie)
  • Leberkoma


Tipp: Wer zu einer Risikogruppe gehört, etwa bei Diabetes, starkem Übergewicht oder regelmäßigem Alkoholkonsum, sollte die Leber regelmäßig checken lassen. Ein Bluttest und Ultraschall können erste Hinweise liefern. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt des Vertrauens darüber.

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