70 bis 75 Prozent aller Frauen erkranken mindestens einmal im Leben an einer VVC (auch Vaginalmykose, Vaginalpilz oder veraltet Scheidenpilz) – 40 bis 50 Prozent davon sogar öfters. Die in Mistelbach niedergelassene Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr.in med. Jael Bosman erklärt im Interview, wie sich die Pilzinfektion äußert, was sie verursacht und wie sie erfolgreich behandelt und wie ihr vorgebeugt wird.

Dr.in med. Jael Bosman
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Niedergelassene Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Mistelbach
Wie äußert sich Vulvovaginale Candidose?
Die VVC zählt zu den häufigsten Infekten und beschert betroffenen Frauen beträchtliches Leid – angefangen bei Juckreiz über auffälligen, weiß-bröckeligen Ausfluss, Rötungen und Schwellungen der sensiblen Haut von Vulva und Vagina-Eingang mit Wundheitsgefühl bis hin zu Schmerzen beim Wasserlassen und Geschlechtsverkehr.
Was steckt hinter der Infektion?
Hinter der Infektion steckt zumeist der Hefepilz Candida albicans (zu etwa 90 bis 95 Prozent), seltener sogenannte non-albicans Candida-Arten. Die Erreger gelangen großteils aus der perianalen und perinealen Region in den Vaginalbereich.
Der Hefepilz Candida albicans ist ein ‚Mitbewohner‘ vieler Menschen – und einer der unzähligen Mikroorganismen, die das sogenannte Mikrobiom der Schleimhäute in Mund und Rachen, Darmtrakt und Urogenitaltrakt (Harn- und Geschlechtsorgane) ausmachen. Er liebt das feuchtwarme Milieu, das auf den Schleimhäuten herrscht. In der Regel liegen asymptomatische, also beschwerdefreie Besiedlungen vor.
Wann wird aus dem Mitbewohner ein Störenfried?
Unter bestimmten Umständen kippt das natürliche Gleichgewicht im vaginalen Milieu und der Hefepilz vermehrt sich übermäßig. Der wachsenden Zahl an Pilzen widersetzt sich der Körper mit einer Entzündungsreaktion, die mit den eingangs genannten Symptomen einhergeht: Die betroffene Frau hat damit eine VVC entwickelt.
Welche Umstände sind das?
- Das können hormonelle Veränderungen sein, wie frau sie im monatlichen Zyklus an den Tagen rund um die Menstruation sowie in der Schwangerschaft erlebt. Auch hormonelle Kontrazeptiva (Verhütungsmittel) beeinflussen den Hormonhaushalt. Ebenso sind die Wechseljahre eine Zeit, in der sich die Hormonspiegel von Frauen stark verändern. Hier führt der sinkende Anteil des weiblichen Sexualhormons Östrogen typischerweise auch zu Veränderungen der Schleimhäute: Sie werden dünner und trockener – und verlieren damit an Widerstandskraft, insbesondere gegenüber einer Hefepilzschwemme.
- Behandlungen mit Antibiotika und auch Chemotherapien können zudem begünstigen, dass die Zahl der Hefepilze ausufert.
- Die Hauptenergiequelle für Candida albicans ist Glukose. Je mehr er davon findet, desto stärker vermehrt er sich – das ist mit ein Grund, warum Frauen mit Diabetes mellitus, auch Zuckerkrankheit genannt, häufiger von VVC betroffen sind.
- Darüber hinaus gibt es laut Studien eine genetisch bedingte Anfälligkeit für (wiederholt auftretende) VVC.
- Schließlich begünstigt ein bestimmter Lifestyle die Vermehrung des Hefepilzes:
- Wer sich zuckerreich ernährt, steigert den Glukoseanteil im Körper und liefert dem Keim damit reichlich Futter.
- Das Sexualverhalten kann dazu beitragen, dass sich der Hefepilz übermäßig vermehrt – häufiger Geschlechtsverkehr und orale Sexpraktiken begünstigen eine Besiedlung von Vulva und Vagina mit Candida albicans.
- Die Schleimhäute sind Teil des Immunsystems. Ist dieses allgemein geschwächt, beispielsweise durch hohen Stress, können Erreger leichter in den Körper eindringen, sodass das Risiko für eine VVC steigt.
Wann sollte frau mit den genannten Beschwerden ärztlichen Rat einholen?
Eine VVC bessert sich nicht, eine Selbstheilung gibt es nur selten. Deshalb rate ich immer zu einer raschen Abklärung bei der Gynäkologin oder dem Gynäkologen des Vertrauens. Zumal solche recht unspezifischen Beschwerden nicht zwingend eine VVC als Ursache haben müssen – dahinter können auch bakterielle Infektionen oder eine Hauterkrankung wie ein Lichen sclerosus stecken.
Für Schwangere gilt: Es besteht zwar keine Gefahr für das Ungeborene, aber eine Therapie ist zwingend nötig, um das Risiko für eine Frühgeburt zu minimieren.
Wie behandeln Sie eine VVC?
Steht die Diagnose, lässt sich der Hefepilz gut in seine Schranken weisen – innerhalb weniger Tage ist eine Linderung zu erwarten. Es gibt Antimykotika in Form von Cremes und Zäpfchen, die lokal wirken. Diese sind in der Apotheke zu bekommen. Bei schwerwiegenden Verläufen gibt es Antimykotika in Tablettenform zum Einnehmen.
Müssen Partner:innen auch untersucht und behandelt werden?
Die VVC ist keine Geschlechtskrankheit. Eine Mitbehandlung ist zwar nicht zwingend nötig, aber durchaus ratsam, wenn das Immunsystem der (Sexual-)Partner:innen geschwächt ist oder in der Partnerschaft wiederkehrende VVC-Infektionen auftreten. Nichtsdestotrotz sollten die (Sexual-)Partner:innen auf eine verbesserte Intimhygiene achten, wenn eine VVC im Spiel ist, um einen möglichen Ping-Pong-Effekt zu vermeiden.
Damit die Infektion nicht erneut auftritt: Kann frau vorbeugen?
Angesichts der besonderen Umstände, die ein übermäßiges Wachstum der Hefepilze begünstigen, ist es grundsätzlich hilfreich, dass Frauen
- Probiotika in Form von Kapseln einnehmen, die einem gesunden Mikrobiom im Darm dienlich sind; oder Probiotika via Vaginalzäpfchen lokal applizieren, um die natürliche Schutzbarriere der vaginalen Schleimhaut zu stabilisieren
- Stress auf ein gesundes Maß reduzieren
- im Schwimmbad nasse Badesachen rasch wechseln
- keine Unterwäsche aus Kunstfasern tragen, da diese nicht so atmungsaktiv sind wie Baumwollfasern
- auf einen gesunden Zuckerkonsum achten
- gezielt Maßnahmen ergreifen, um ihr Immunsystem zu stärken.