Gurgeln, Sägen bis hin zum Grunzen – die Bandbreite an Schnarchgeräuschen in Österreichs Schlafzimmern ist groß. Was auf der anderen Seite des Bettes meist zu Schlaflosigkeit führt, kann einen ernsten Hintergrund mit gefährlichen Konsequenzen haben.
Dr. Angelika Weiß
Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten
Wenn auf lautes Schnarchen plötzlich die große Stille folgt, bis der
verhängnisvolle Kreislauf nach einem lauten Einatmen wieder von vorn
beginnt und diese kurzfristigen Atemaussetzer eine ständige
Begleiterscheinung des Schnarchens sind, sollte man schnell den Weg zum
Arzt einschlagen, um ein eventuelles obstruktives Schlafapnoesyndrom
(OSAS) abklären zu lassen.
Daten, Fakten und Behandlungskonzepte zum oftmals unterschätzten Krankheitsbild
Die
Erkrankung bleibt oft geraume Zeit unentdeckt und somit unbehandelt.
Wird der Körper während der Nachtruhe auf längere Zeit aber nur schlecht
mit Sauerstoff versorgt, hat dies enormen Einfluss auf die Gesundheit
der Betroffenen. „Der Blutdruck steigt, Stresshormone werden
ausgeschüttet, das Herz kommt aus dem Rhythmus – somit wächst das Risiko
für Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch der Blutzuckerspiegel kann aus
der Balance geraten – Diabetes Typ 2 ist dann die Folge“, zeigt Angelika
Weiß, Oberärztin an der Abteilung für Hals-, Nasen- und
Ohrenkrankheiten, potenziell lebensgefährliche Konsequenzen auf. Zu den
weiteren nicht unbeachtlichen gesundheitlichen Folgewirkungen des OSAS
zählen morgendliche Kopfschmerzen, chronische, exzessive Tagesmüdigkeit
sowie geringe Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit – damit einhergehend
viele Unfälle im Straßenverkehr oder bei der Arbeit als Folgewirkung der
Schlafapnoe.
Abklärung der Schlafapnoe
Der erste Weg bei bestehender Problematik oder bei Verdacht auf Schlafapnoe führt zum niedergelassenen HNO-Facharzt oder Lungenfacharzt, um eine ambulante Polygraphie durchzuführen. Hier werden in den Nachtstunden Schnarchgeräusche und eventuelle Atemaussetzer aufgezeichnet. Ist eine weitere Abklärung zum Beispiel durch eine Schlafvideoendoskopie oder eine Schlaflabordiagnostik notwendig, erfolgt eine Zuweisung in eine Spezialambulanz für HNO- oder Lungenerkrankungen.
Zahlreiche Therapiemöglichkeiten bei OSAS
„Werden die Beschwerden durch allgemeine Maßnahmen nicht besser, muss das Syndrom mit anderen Therapiemethoden behandelt werden“, erläutert Josef Eckmayr, Abteilungsleiter für Lungenkrankheiten. Die Tests auf schlafassoziierte Atemstörungen führen die ExpertInnen in der Schlaflabordiagnostik des Klinikums durch. „Wird OSAS beim Patienten festgestellt, kann ein Atemtherapiegerät wie das nasale Überdruckgerät nCPAP helfen. Hier wird im Schlaf über eine Nasenmaske Luft mit leichtem Überdruck in die Atemwege transportiert – so können sich die Atemwege nicht verengen.“ Für PatientInnen, welche sich nicht an die Atemmaske gewöhnen können, sind je nach Prädisposition diverse alternative Therapiekonzepte von Vorteil, „ … wie etwa die TAP-Schiene. Bei dieser nichtinvasiven kieferchirurgisch-prothetischen Behandlung wird der Unterkiefer vorverlagert und die Zunge somit vorn und der Atemweg damit offengehalten“, so Wolfgang Paul Pöschl, Leiter des Fachschwerpunkts für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Aber auch invasive kieferchirurgische Maßnahmen sind möglich, um Apnoe im Schlaf zu verhindern, etwa durch eine operative Verlagerung von Ober- und Unterkiefer zur dauerhaften Veränderung der Zungenposition. Operative Maßnahmen sind auch auf HNO-Seiten möglich: „Das Ziel eines HNO-chirurgischen Eingriffs ist, durch eine operative Erweiterung der Atemwege im Rachenraum nächtliche Obstruktionen zu verhindern bzw. ihre Anzahl soweit zu senken, dass das Risiko für OSAS-Folgeerkrankungen nur noch gering ist. Bei leichtgradiger Schlafapnoe kann bei Übergewicht auch eine nennenswerte Gewichtsreduktion helfen“, so Weiß.
Welches Behandlungskonzept bei welchem Patienten das beste Ergebnis bringt, wird interdisziplinär durch die Vertreter der Fachrichtungen HNO, Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Lungenkrankheiten erarbeitet.
Warum der Atem stillsteht
Fällt im Schlaf die Zunge bedingt durch erschlaffte Mund- und Rachenmuskeln nach hinten, verschließen sich oftmals hinterer Gaumenbogen und obere Atemwege. Dann wird das Atmen plötzlich mühe- und geräuschvoll. Setzt die Atmung ganz aus, kommt es durch die zunehmende Kohlendioxidkonzentration im Blut schließlich zum „Arousal“ – der Körper weckt sich quasi selbst, ohne dass der Schläfer dabei bewusst aufwacht, und der Atemimpuls setzt normal wieder ein.