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Wenn Schmerzen die Bewältigung des Alltags bestimmen

iStock/RobinOlimb

Es gibt kaum Menschen, die nicht die Auswirkungen plötzlich auftretender Schmerzen kennen. 

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Helga Vitecek-Kandolf, MSc

Ergotherapeutin

Bei plötzlich auftretendem Schmerz laufen die Reaktionen über Reflexbögen. In nur Bruchteilen von Sekunden beginnen Versuche zur Schmerzentlastung und es werden „Entscheidungen“ darüber getroffen, was die geeignetste Hilfe wäre. Alles andere wird unwichtig und der gesamte Organismus ist darauf fokussiert, diese gefährliche Ausnahmesituation zu bewältigen. Als Mitmenschen haben wir über unsere persönlichen Erfahrungen mit Schmerzzuständen eine Vorstellung davon und können in der Regel plötzlich auftretenden Schmerz bei anderen rasch erkennen und mit entsprechendem Verständnis und Unterstützung reagieren.

Die Suche nach der Ursache

Chronischer Schmerz, der an mehreren Stellen im zentralen Nervensystem verarbeitet wird, beginnt in der Regel langsam und undeutlich, er kann vielleicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Schädigung oder Krankheit gesehen werden, wobei die Ursache sich einer direkten Einflussnahme entzieht. Bei anderen Betroffenen gibt es keine Hinweise auf eine potenzielle Schädigung, sodass sie mit der Suche nach den Ursachen völlig im Dunkeln tappen.

Schmerzen, die keine klare Gegenmaßnahme ermöglichen, aber im Extremfall rund um die Uhr andauern, führen bei Betroffenen zu Stressreaktionen sowie zu einem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, da man nicht nur etwas zu erdulden hat, sondern auch keine geeignete Abwehr dieser Empfindung kennt. Dies aktiviert pessimistische Denkstrukturen und Insuffizienzgefühle, in denen wir uns an frühere Erlebnisse erinnern, die überfordernd waren oder die wir nicht positiv abschließen konnten.

Hilflosigkeit

Mitmenschen bemerken den Rückzug sowie die Veränderungen in der Art der Kommunikation oder in den Veränderungen der Persönlichkeit. Sie können die auslösende Ursache nicht nachvollziehen und interpretieren die Veränderungen in der Regel so, dass sie etwas tun müssten. Da sie aber nicht direkt eingreifen können, entwickelt sich auch bei ihnen ein Gefühl der Hilflosigkeit, was wiederum zur Kontaktvermeidung mit der leidenden Person führt.

Betroffene haben folgendes als hilfreich erlebt:

  • Eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen
  • Wissen zum Schmerz erarbeiten
  • Aktiv sein im Alltag
  • Handlungen anpassen statt vermeiden
  • „Wieder dabei sein“

Es beginnt bei Betroffenen ein negativer Rückkopplungsprozess – eine Abwärtsspirale, die den sozialen Rückzug weiter fördert und dazu beiträgt, dass die betroffene Person sich über ihre Schmerzempfindungen identifiziert: „Ich bin die Person, die solche Schmerzen hat, mir kann keiner helfen.“ Im Umgang mit andauerndem Schmerz verlieren Betroffenen allzu oft den Glauben daran, dass ihnen noch etwas hilft oder geholfen werden kann.

Mit Unterstützung der Ergotherapie gewinnt man Erfahrungen, die sie wieder motivieren, in eine aktive und selbstbestimmte Lebenserfahrung einzutauchen. Die verbesserte Lebensqualität und die beschriebenen Therapieansätze bewirken einen neuen Umgang und eine positive Wendung im Leben mit dem Schmerz.


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